Das Baulandmobilisierungsgesetz ist das zentrale bau- und wohnungspolitische Vorhaben in dieser Legislaturperiode. Bedauerlicherweise wird es den Ansprüchen des Wohngipfels der Bundesregierung im Jahr 2018 nicht gerecht. Zwar enthält der vorliegende Gesetzentwurf wichtige Verbesserungen, um die dringend benötigte Handlungsfähigkeit der Kommunen zu erweitern.
Wir sehen jedoch vor allem bei vier Punkten dringenden Nachbesserungsbedarf (ausführliche Begründung in der Anlage):
- Der Umwandlungsvorbehalt läuft Gefahr bis zur Wirkungslosigkeit ausgehöhlt zu werden. Deswegen darf es keine großzügigen Ausnahmen beim § 250 BauGB geben!
- Das kommunale Vorkaufsrecht muss dringend um eine Preislimitierung ergänzt werden, denn Kommunen können und sollen die aufgerufenen Spekulationspreise nicht aufbringen.
- Die Einschränkung auf Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt ist nicht sachgerecht, da auch Kommunen mit ausgeglichenen oder schrumpfenden Wohnungsmärkten handlungsfähig sein müssen.
- Die Verlängerung des § 13b BauGB muss gestrichen werden, da der wohnungspolitische Nutzen sehr begrenzt ist, jedoch eine Flächenversiegelung beschleunigt wird.
Bundesweit sind die Preise für Bauland zwischen 2010 und 2019 um 46 Prozent gestiegen, in den sieben größten Metropolen sogar um mehr als 176 Prozent. Auf solch teurem Boden können keine bezahlbaren Wohnungen entstehen. Oftmals fehlt es den Kommunen an Flächen, um günstige Wohnungen, Schulen, Bibliotheken, Kitas und weitere Einrichtungen der Daseinsvorsorge zu errichten. Eine sozial gerechte Bodennutzung ist Grundlage für die Erfüllung des Menschenrechts auf Wohnen und die Bereitstellung sozialer Infrastruktur. Daher muss das vorliegende Gesetz mit den genannten Änderungen zügig verabschiedet werden. Es ersetzt aber keine grundsätzliche Debatte über die gesellschaftliche Rolle des Bodens. Deshalb fordern wir einen weitreichenden, dem Problemumfang entsprechenden Politik- und Paradigmenwechsel. Den Bestimmungen des Grundgesetzes folgend wird bezahlbarer Wohnraum als Gemeinwohl verstanden, das über das private Renditeinteresse gestellt werden muss. In den Ballungszentren sollte städtischer Boden sukzessive in kommunales oder anderweitig gemeinwirtschaftliches Eigentum überführt werden, damit kostengünstiger bzw. öffentlich-geförderter Wohnungsbau und Einrichtungen der Daseinsvorsorge angemessen zur Verfügung gestellt werden können.
Wir bitten um Beachtung unserer Anliegen in den kommenden Beratungen!
Anlage: Nähere Erläuterungen zu den o.g. Punkten 1 – 4
zu 1.)
Die Mitgliedsorganisationen des Bündnisses Wohnen ist Menschenrecht begrüßen ausdrücklich, dass im Entwurf des Baulandmobilisierungsgesetzes ein Genehmigungsvorbehalt für die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen (§ 250 BauGB – E) verankert ist. Die Umwandlung hat oftmals negative Folgen für die Mieter*innen. Bestehende Mietverhältnisse finden sich fortan in einer unsicheren Gemengelage zwischen Modernisierungen mit stark ansteigenden Mieten, dem Verkauf der selbstbewohnten Wohnung oder Eigenbedarfskündigungen. In den seltensten Fällen kommt es nach der Umwandlung zum Erwerb durch Mieter*innen, da diese die hohen Kaufpreise schlichtweg nicht aufbringen können. Auf dem Wohngipfel 2018 wurde beschlossen, die Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen zu beschränken und Ausnahmen nur im Einzelfall zuzulassen. Im Gesetzesentwurf sind jedoch Ausnahmen vorgesehen, die die Wirkung des kommunalen Genehmigungsvorbehalts grundsätzlich in Frage stellen. Dies aus zwei Gründen:
- a)
Die Kommune soll eine Umwandlungsgenehmigung erteilen müssen, falls der*die Eigentümer*in beabsichtigt, zwei Drittel der Wohnungen eines Gebäudes an Mieter*innen zur Selbstnutzung zu verkaufen. Die Absicht muss gemäß Gesetzentwurf weder zeitlich noch anderweitig präzisiert werden. Faktisch werden die Grundbuchämter daher für das erste Drittel der geplanten Wohnungsverkäufe eines Hauses eine Freigabe erteilen müssen. Darüber hinaus ist auch nicht gesichert, dass dann wenigstens zwei Drittel der Wohnungen als reine Mietwohnungen verbleiben. Denn die Praxis der Ausnahmeregelungen zum Genehmigungsvorbehalt in Milieuschutzgebieten nach § 172 Abs. 4 Nr. 6 BauGB zeigt, dass Eigentümer*innen vielfach die zum Zeitpunkt der Umwandlung in den betreffenden Wohnungen lebenden Mieter*innen „herauskaufen“, dann mit einem*r potentiellen Erwerber*in der Wohnung einen „Scheinmietvertrag“ abschließen, um die Wohnung somit ganz legal an den*die „Mieter*in“, der*die eigentlich ein*e Käufer*in ist, zu veräußern. Zudem ist uns kein Fall aus Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt bekannt, in dem zwei Drittel der Wohnungen an die Mieter*innen veräußert wurden. Die Regel hat also keinen praktischen Nutzen.
- b)
Noch weniger nachvollziehbar ist die Ausnahme vom kommunalen Genehmigungsvorbehalt für die Fälle, in denen eine Versagung der Umwandlung unzumutbar ist. Ohne eine Klarstellung der Zumutbarkeit wäre der Genehmigungsvorbehalt gänzlich ohne Wirkung. Auch dass der Neuregelung des kommunalen Genehmigungsvorbehalts in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt ein Vorrang gegenüber dem Vorbehalt in Milieuschutzgebieten eingeräumt wird, kann im Hinblick auf die schlechteren Ausnahmeregelungen nicht akzeptiert werden. Die unterzeichnenden Organisationen fordern daher, dass die Pflicht zu Erteilung der Genehmigung, wenn das Wohnungseigentum zur eigenen Nutzung an mindestens zwei Drittel der Mieter*innen veräußert werden soll, entfällt. Ebenso muss die Zumutbarkeitsklausel in § 250 Abs. 3 Nr. 4 gestrichen werden. Mit der Gewährung der Ausnahmen im § 250 Abs. 3 Nr. 1,2 und 5 des Gesetzentwurfs wird dem Wohngipfel von 2018 hinreichend Rechnung getragen.
zu 2.)
Für die Stärkung des Gemeinwohls in der Wohnraumversorgung muss das gemeindliche Vorkaufsrecht im Entwurf des Baulandmobilisierungsgesetzes dringend gestärkt werden. Bisher zahlen Kommunen (bzw. die von ihnen eingesetzten Drittkäufer) in der Regel den zwischen Verkäufer*in und Erstkäufer*in vereinbarten Kaufpreis. Insbesondere in Wohnungsmärkten mit hoher Nachfrage steigen die Kaufpreise rasant an. Hier muss die Legislative einschreiten, um Kommunen vor Spekulationspreisen zu schützen.
Kommunen brauchen ein preislimitiertes Vorkaufsrecht für Immobilien und Grundstücke, da sie die explodierenden Bodenpreise nicht finanzieren können.
zu 3.)
Unverständlich ist zudem, dass das erweiterte Vorkaufsrecht, der Umwandlungsvorbehalt und noch weitere Instrumente des Baulandmobilisierungsgesetzes nur in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt gelten sollen. Denn diese Einschränkung der Gebietskulisse hat bspw. bei der Mietpreisbremse erhebliche rechtliche Unsicherheit bei Mieter*innen und Vermieter*innen ausgelöst. Zudem brauchen auch Kommunen mit bislang noch ausgeglichenen Wohnungsmärkten entsprechende Handlungsfähigkeit.
Wir fordern daher die ersatzlose Streichung der Beschränkung auf Gebiete mit angespanntem Wohnungsmarkt.
zu 4.)
Skeptisch sehen wir die den Außenbereich betreffenden Maßnahmen des Gesetzesentwurfs. Dies gilt hinsichtlich der vorgeschlagenen Verlängerung der Geltung des § 13b BauGB bis zum 31. Dezember 2022 (§ 13b BauGB-E). Die Vorschrift erlaubt Außenbereichsflächen mit einer Grundfläche von weniger als 10.000 Quadratmetern, die sich an im Zusammenhang bebaute Ortsteile anschließen, in das vereinfachte Verfahren nach § 13a BauGB zur Aufstellung von Bebauungsplänen der Innenentwicklung einzubeziehen. In der Praxis führte diese Regelung bisher ganz überwiegend zur Errichtung von Ein- und Zweifamilienhäusern im Außenbereich.
Im Hinblick auf das Ziel, mehr Wohnraum für breite Schichten der Bevölkerung zu schaffen, ist die Vorschrift danach nicht zielführend, und ihre Verlängerung abzulehnen.